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Heisenberger LateinerInnen auf den Spuren der römischen Legionäre in Haltern am See

Am Freitag, dem 13. Januar, war es endlich soweit! Wir, die Schülerinnen und Schüler der Lateinkurse des 8. und 9. Jahrgangs, fuhren zum Römermuseum in Haltern, wo wir für 10 Uhr eine Führung gebucht hatten, um das Leben des römischen Legionäre in Germanien, genauer gesagt in Haltern, kennenzulernen.

‘Römer? In Haltern?‘ – denkt ihr jetzt vielleicht. Nun ja, in Haltern waren vor über 2000 Jahren tatsächlich Römer stationiert. Das heißt, sie hatten dort ein Lager mit allem, was dazu gehört.

‘Warum ausgerechnet in Haltern?‘ – fragt ihr vielleicht. Darüber erfuhren wir Einiges während unserer ersten Station im Mini-Kino des Römermuseums. Dort sahen wir uns einen zehnminütigen Film an, in dem erklärt wurde, dass die Römer sich um 5 nach Chr. nach Germanien ausgebreitet hatten. Damals war die Gegend um Haltern ein ziemlich sumpfiges Gebiet. Da Haltern an der Lippe lag, war es aber der ideale Ort für ein Militärlager. Über den Fluss konnten die Römer nämlich beispielsweise relativ leicht ihre Handelswaren beziehen. So tauschten die Römer z.B. ihre Töpferwaren gegen Lebensmittel. Natürlich konnten sie das Wasser auch für ihre alltäglichen Bedürfnisse gebrauchen.

Entlang der Lippe gab es tatsächlich mehrere solcher Lager, wie man auf der Karte erkennen kann. In Haltern befinden sich aber die bedeutendsten archäologischen Funde aus der Zeit, die die römischen Legionäre an der Lippe verbracht haben. Das ist auch er Grund dafür, warum das westfälische Römermuseum in Haltern steht! 

Das Römermuseum in Haltern wurde im Jahr 1993 eröffnet. Es wurde auf dem Gelände des ehemaligen Feldlagers der Römer errichtet, nachdem dort bereits 1907 das ursprüngliche und später im 2. Weltkrieg zerstörte Museum gebaut worden war. Es befinden sich dort, wie bereits erwähnt, die bedeutendsten Funde aller Römerlager entlang der Lippe. Das Römerlager in Haltern war zudem einer der wichtigsten Stützpunkte des Römischen Reiches während der Feldzüge in Germania Magna, d.h. im großen Germanien. Zu Beginn des 1. Jh. nach Christus waren dort mehr Legionäre stationiert als irgendwo sonst im Römischen Reich.

Nach dem Kinobesuch sahen wir uns in der zweiten Station die Rüstung und die Waffen der römischen Legionäre an. Zur Rüstung des Legionärs gehörte zunächst einmal ein Helm, der über einen Nacken- und Wangenschutz verfügte, und das Kettenhemd, das den Körper vor feindlichen Pfeilen schützte. Der Schutzschild, das scutum, bestand aus Leder, Holz, Leinen und Metall und war 10 Kilogramm schwer. Den Schutzschild hielten die Legionäre in der rechten Hand. Sie besaßen auch ein Kurzschwert und einen Dolch (kleiner als Kurzschwerter, größer als Messer). Sie trugen das Kurzschwert, den gladius, links und mussten ihn auch mit links ziehen, da sie den Schild rechts trugen. Der Wurfspeer, das pilum, hatte zwei metallische Spitzen. Die Rüstung des Legionärs wog ganze 48 Kilo! Hinzu kam das Marschgepäck, von dem wir euch weiter unten erzählen werden, welches ca. 18 Kilo wog! 

Zum Schluss dieser Station noch ein fun fact: In jedem Stiefel eines Legionärs steckten 70 Nägel, um diese für die langen Märsche stabil zu machen. Auf eine Legion von 5000 Männern kamen also 700.000 Nägel!

Das große Modell eines römischen Lagers stellte die dritte Station dar. Das Modell kann hoch- und heruntergefahren werden. Als es für uns hochgefahren wurde, konnten wir uns in die Situation von Außenstehenden hineinversetzen, z.B. von Germanen, die das Lager vergeblich von außen einsehen wollten. Warum es unmöglich war das Lager von außen einzusehen? Nun, es war von einer circa 3 Meter hohen Mauer umgeben.  

Das Lager, das circa 29 Fußballfelder groß war, verfügte über vier Eingänge – in jeder Himmelsrichtung einen. Die Tore wurden von Wächtern überwacht. Bewacht wurde auch die Principia, ein zentral im Lager gelegenes Haus. Darin wurde sowohl die Legionskasse als auch der Legionsadler aufbewahrt. Außerdem befanden sich im Lager die s.g. Atriumshäuser, in denen die Offiziere wohnten. Die übrigen Legionäre bewohnten die äußeren Häuser. In diesen waren zwischen 80 und 100 Mann untergebracht. Im Lager befand sich außerdem ein Krankenhaus bzw. ein Lazarett, das damals „Gesundheitshaus“ (valetudinarium) genannt wurde, und eine Art Werkstatt, in der Waffen, Rüstung und Geschirr hergestellt wurden.

Auf ihren Feldzügen oder Tagesmärschen lebten die Legionäre hingegen in Zelten. Woher aber wissen die Forscher überhaupt, dass die Legionäre in Zelten nächtigten? Dazu erfuhren wir viel Interessantes bei unserer vierten Station: Da die Zelte aus Leder bestanden, zersetzte sich das Leder im Laufe der Zeit – anders die Heringe, die sich bis in unsere Zeit hinein erhalten haben und somit beweisen, dass die römischen Legionäre auf ihren Tagesmärschen und Feldzügen Zelte benutzt haben. Wie erwähnt, bestanden die Zelte aus Leder, genauer gesagt aus Ziegenleder. Etwa 70 Ziegen mussten getötet werden, um die 70 Lederstücke für je ein Zelt gewinnen zu können. Diese wurden dann überlappend aneinandergenäht. Doch auch der Rest der Ziege wurde von den Römern sinnvoll verwertet: das Fleisch wurde verzehrt, die Sehnen dienten als Bänder, die Blase als Beutel und die Sprunggelenke als Würfel.  Ganz schön erfinderisch und auch nachhaltig, die alten Römer! Gut gepflegt hielten die Zelte der Legionäre übrigens auch einige Jahre bis neue geordert werden mussten.

Doch zurück zu den Zelten: In einem solchen etwa 3x3 Meter großen Zelt schliefen 6-8 Legionäre – man nannte eine solche Zeltgemeinschaft ein contubernium. In einem contubernium teilte man sich nicht nur das Nachtlager, sondern auch die Aufgaben beim Zeltaufbau, bei der Zubereitung des Essens und auch bei der Lagerbefestigung. Stellt euch vor: man musste jeden Abend, obwohl man vom anstrengenden Tagesmarsch erschöpft war, einen Graben um das Zeltlager graben und es mit einem Wall befestigen. Dazu mussten die Legionäre natürlich auch die entsprechenden Geräte bei sich tragen. 

Im Zelt selbst gab es normalerweise keine Unterlage, die die Legionäre von unten hätte schützen können: die Männer schliefen, außer sie konnten mal Stroh erwerben, auf dem bloßen Naturboden und hatten nur ihren roten Mantel als Schutz gegen Kälte. Als Schutz gegen den Regen wurde das Zeltleder regelmäßig mit tierischem Fett imprägniert, doch die Nähte, die die Lederrechtecke zusammenhielten, stellten bei lang andauerndem Starkregen eine Schwachstelle dar: so wurde man bei heftigem Regen nicht nur von unter her – der Boden wurde matschig – sondern irgendwann auch von oben nass. Wenn es von unten nass wurde, konnte nur noch der Schild etwas Schutz vor der Nässe bieten. Bequem war es in einem solchen Zelt also ganz und gar nicht… Wir durften es selbst ausprobieren mit 8 Leuten in einem solchen (nachgebauten) Zelt zu liegen – es war gar nicht so einfach sich so zu arrangieren, dass alle ausreichend Platz fanden, und es war nicht daran zu denken, sich in die eine oder andere Richtung zu drehen. Es war sehr beengt und auch stickig. Man kann sich aber vorstellen, dass sich die Männer in kalten Nächten durch ihre Körperwärme wenigstens gegenseitig wärmen konnten.   

Bei der fünften und für uns letzten Station haben wir gelernt, was ein römischer Legionär auf seinen 20 bis 30 km langen Tagesmärschen noch so bei sich tragen musste. Er trug über der Schulter eine furca, eine Art Gepäckstange, an der ein Eimer hing, der als Topf benutzt wurde, und an der eine Schöpfkelle und Besteck befestigt war. Seine für mehrere Tage benötigte Getreideration führte der Legionär auch an seiner furca mit sich. Um Brei zubereiten oder Brot backen zu können, musste das Getreide in einer Handmühle aus Stein geschrotet bzw. gemahlen werden. Auch das haben wir vor Ort mit ungeschältem Getreide, d.h. Vollkorngetreide, ausprobiert und das gemahlene Mehl mit nach Hause genommen.  

Außerdem hatte der Legionär seinen roten Wollmantel dabei, den er nachts trug, sowie eine Tasche mit persönlichen Gegenständen. Zu den persönlichen Gegenständen z.B. gehörten Spiele (Würfel aus Knochen, Dame, Mühle), um sich die Zeit zu vertreiben, Geldstücke, eine Wachstafel oder eine Papyrusrolle zum Schreiben, ein Andenken an die Familie oder die Freunde, Schlüssel für Kästchen und Truhen, ein Läusekamm, ein Messer, das er als Rasierer benutzte, und ein Feuerstein mit einem Pilz (Zunder) um Feuer machen zu können. 

Insgesamt wog das Marschgepäck eines Legionärs, das er auf den ganzen Tag auf seinen Schultern trug, zwischen 15 und 20 Kilogramm! Das durften wir am eigenen Leib ausprobieren, wie ihr auf den Bildern sehen könnt, und waren bereits nach wenigen Minuten froh, die Gepäckstange wieder ablegen zu dürfen. 

Übrigens müssen die römischen Legionäre auf ihren Tagesmärschen mit all ihrer Rüstung und ihrem auf den Gepäckstangen klappernden Marschgepäck sehr laut und damit furchteinflößend gewirkt haben. So waren die 5 bis 6 Tausend Mann einer römischen Legion (zur Zeit des Kaisers Augustus war das die übliche Stärke einer Legion) schon meilenweit zu hören und verschafften sich allein schon durch dieses Auftreten Respekt vor den Feinden! Dass die Legionäre einen kräftigen Körperbau, geeignete charakterliche Eigenschaften wie Entschlossenheit und Furchtlosigkeit und eine gute Gesundheit mitbringen mussten sowie eine harte Grundausbildung absolviert haben müssen, um den Strapazen der meist 20-jährigen Dienstzeit gewachsen zu sein, versteht sich quasi von selbst.     

Am Ende dieser sehr informativen Führung hatten wir noch etwas Zeit uns auf eigene Faust im Museum umzuschauen. Über unsere interessanten „Entdeckungen“ könnt ihr euch anhand der Fotos informieren. 

Dazu gehören:

  • Überreste des Geschirrs aus dem Handwerk des berühmten Töpfermeisters Ateius, der seinen Tellern, Schüsseln und Bechern seinen Stempel aufdrückte, und die er über die Rhone, den Rhein und die Lippe in Massen von Südgallien bis nach Haltern, ins Land der Barbaren exportieren ließ, und in die die Legionäre zu seinem Ärger ihren eigenen Namen einritzen.
  • Die wiederverwendbaren und verschließbaren Wachstäfelchen, die die Römer zum Schreiben/Ritzen von Nachrichten, Briefen, Verträgen und Rechnungen nutzten. 
  • Die Rekonstruktion einer mit Knochenschnitzereien verzierten Totenliege – nur an der Lippe fand man einige davon.
  • Überreste eines Töpferofens, die zusammen mit den Scherben von Tongefäßen und den darauf noch erkennbaren Töpferstempeln eines P. Flos und eines Saturninus darauf hinweisen, dass Ateius in Haltern regionale Konkurrenz für seine Töpferexporte aus dem fernen Südgallien bekommen hat. 
  • Die sterblichen Überreste von 24 Personen und einem Hund, deren Leichen man offenbar in die Arbeitsgrube eines Töpferofens geworfen und mit Erde bedeckt hatte – es ist unklar, ob es sich um römische Legionäre oder Germanen handelt.
  • Die Playmobilsoldaten, die dem Römermuseum vom WDR (von der Sendung mit der Maus) im Andenken an die berühmte Varus-Schlacht des Jahres 9 n.Chr.gespendet wurden, und nun auf über 200 Metern Ausstellungsstrecke zeigen, wie viele Soldaten der römische Befehlshaber Varus verloren hat, nachdem er mit seinem Tross in den Hinterhalt der Germanen geraten war. Damit wir uns die Menge an getöteten Soldaten besser vorstellen konnten, erklärte man uns, dass es der Menge an Soldaten entsprechen würde, die eine Strecke von über 12 km vollmachen würden. Kaiser Augustus verlor damit drei ganze Legionen seines Heeres mitsamt Hilfstruppen – insgesamt etwa 20.000 Mann! 

Folgt mal diesem Link, wenn ihr sehen wollt, auf welch aufwendige Weise der WDR die Varusschlacht mit den Playmobilfiguren nachgestellt hat: 

https://kinder.wdr.de/video-sachgeschichte---varusschlacht-making-of--100.html

Augustus, der immer wieder versucht hatte, Germanien zu erobern, war so über die Niederlage des Varus im Teutoburger Wald verzweifelt, dass er Folgendes gerufen haben soll: „Varus, gib mir meine Legionen zurück!“ Auch wenn der römische Kaiser danach mehrfach versuchte, sich an den Germanen zu rächen, gelang es ihm nicht diese zu bezwingen, so dass er einige Jahre später seine Eroberungspläne aufgab und sich stattdessen damit begnügte die bestehende Grenze zwischen dem römischen Reich und Germanien zu sichern, um einen späteren Einfall der „Barbaren“ ins römische Reich zu verhindern.  

  • Ein letztes Highlight stellte die Begegnung mit einem lateinisch sprechenden römischen Legionär dar, dem wir nach Aufsetzen einer VR-Brille im Museum begegnen durften. 

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